on 14-Jan-2025 (Tue)

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#04_Ethnographie

Question

What's in a name? (Ethnographie)

Answer

• Ethnologie = Ethnographie und Vergleich
• Das Wort „Ethnographie“ (von altgriechisch éthnos, Volk und graphé, Schrift) hat zwei Bedeutungen:
  • Forschungsprozes
  • Monographie (Buch)
• Entwicklung des Faches hin zur Einheit von Forschen und Schreiben (Bronislaw Malinowski u.a.).

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#04_Ethnographie

Question

Ethnologische Feldforschung (Was, Ziel, Vorgehen, Arten)

Answer

• Die Ethnographie als Datenerhebungsstrategie wird auch als Feldforschung bezeichnet.
• Ziel: Viel über wenige wissen.
• Beispiel meiner Ethnographie in Mexiko (Wandel des cargo Systems im Zuge der Industrialisierung).
• Fragen finden, operationalisieren, Daten erheben, Informationen reduzieren, Ergebnisse veröffentlichen
• Arten:
  • Teilnehmende Beobachtung
  • Auswahl von Informant:innen
  • Feldnotizen
  • Interviews
  • Systematische Befragungen

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#04_Ethnographie

Question

Teilnehmende Beobachtung

Answer

• Die teilnehmende Beobachtung ist in der Regel der wichtigste Bestandteil der Feldforschung.
• Man geht hin, man lebt als Teil der Gruppe mit den Menschen, man lernt die Sprache, man redet im Alltag miteinander, etc.

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#04_Ethnographie

Question

Feldnotizen

Answer

• Feldnotizen sind der Unterschied zum FSJ, Reisen, etc.
• Ein oder mehrere Bücher (Dokumente) mit unterschiedlichem Schwerpunkt (persönlich, wissenschaftlich)
• Dokumentation der wichtigsten Ereignisse und Erkenntnisse des Tages.
• Interpretation der Ereignisse. Fragen, die sich daraus ergeben. Fragen, die man klären möchte oder muss, um ein Subthema besser zu verstehen.
• Feldnotizen können schon verschlagwortet werden.

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#04_Ethnographie

Question

Auswahl von Informant:innen-Stichproben

Answer

• Grundproblem: Man kann nicht alle Mitglieder der Kultur befragen.
• Unterscheidung in kulturelle und individuelle Daten.
• Bei kulturellen Daten kann es oft reichen, wenige Schlüsselinformant:innen zu befragen. Schlüsselinformant:innen sind Personen, die besonders viel über eine kulturelle Domäne wissen.
• Bei individuellen Daten will man etwas über die Verteilung wissen und muss daher viele Personen befragen.
• ezeichnungen von (Schlüssel)Informant:innen zu Gesprächspartner:innen, zu Forschungspartner:innen

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#04_Ethnographie

Question

Formen von Interviews

Answer

• Ein Interview ist ein Gespräch mit einer oder mehreren Personen, dessen Inhalte dokumentiert werden (Notizen, Tonbandaufzeichnungen).
• Formen von Interviews
  • Informelles Gespräch
  • Gruppendiskussionen
  • Narrative Interviews
  • Lebensgeschichten
  • Genealogien
  • Surveys (über viele Informant:innen wenig wissen)
• Kontinuum von weniger strukturiert zu strukturiert
• Dokumentation der Inhalte durch digitale Aufzeichnung, Gedächtnisprotokoll, Fragebogen, etc.

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#04_Ethnographie

Question

Datenanalyse

Answer

Idealtypischer Verlauf der ethnographischen Forschung (linear)

1. Erhebung: Was gibt es?
2. Analyse: Was bedeutet es?
3. Verschriftlichung
4. Publikation

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#04_Ethnographie

Question

Verhältnis Ethnologie zur Ethnographie

Answer

Ethnologie = Ethnographie und Vergleich

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#04_Ethnographie

Question

Formen des Vergleichs

Answer

• Vergleich über die Zeit
• Vergleich über Orte

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#04_Ethnographie

Question

Vergleich über die Zeit

Answer

• An vielen Orten der Welt arbeiten Ethnologinnen und Ethnologen schon seit mehreren Generationen.
• Ein sehr bekanntes Bespiel sind die Tonga in Zambia, aber auch meine eben beschriebenen Arbeiten in Mexiko.
• Es gibt unterschiedliche Strategien, um zeitlichen Wandel zu erfassen.
  • In demselben Feld erneut Personen befragen
  • Dieselben Personen erneut befragen
  • Alte und junge Menschen befragen
• Diese Strategien erlauben es, kulturellen Wandel zu verstehen und zu erklären.

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#04_Ethnographie

Question

Interkultureller Vergleich (Vergleich über Orte) (Prinzip IV) + Implikationen für die Herangehensweise

Answer

“Speaking from a platform to a woman’s club, if one is merely an experienced speaker at women’s clubs, one notices whether the audience is smartly dressed, and how smartly.

If one is an American sociologist, one may add observations about the probable class level of the audience and the proportion of professional women (…)

But I never completely lose a still further point of reference—the awareness that my audience wears clothes. (…)

I do not cease to observe whether this is a patriotic group of women, valiantly and self-consciously wearing last year’s hats, or an afternoon group of women who are homemakers, or an evening group of women who, whether they are homemakers or not, don’t do homemaking in the daytime—but this other consciousness: “These people are completely clothed,” stays with me to widen my perspective.”

Implikation: Indem ich versuche den anderen zu verstehen, verstehe ich mich selbst auch anders.

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#04_Ethnographie

Question

Formen und Ziele des interkulturellen Vergleichs

Answer

• Kontrastieren: Reflektion über die eigene Gesellschaft
• Vergleichen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen.
  • Regionaler Vergleich
  • Interkultureller Vergleich
    • Wenige sehr unterschiedliche Fälle (most-different case study design)
    • Human Area Relations Files, viele Fälle (1.167) über die gesamte Menschheit,

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#04_Ethnographie

Question

Probleme des interkulturellen Vergleichs

Answer

• Welche Einheiten sollen verglichen werden (Kulturen, Nationen, Gemeinden)?
  • Welche Probleme gehen damit einher?
• Entlang welcher Dimensionen/Kategorien soll verglichen werden?
  • Welche Probleme gehen damit einher?
• Diffusion, Globalisierung und die fehlende Unabhängigkeit der Fälle.

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#04_Ethnographie

Question

Feldforschung und Kultur (Übersicht Methodische Herausforderungen)

Answer

The culture of a group consists of shared, socially learned knowledge, feelings, and patterns of behavior.

1. Wie zieht man die Grenzen der Einheit (a group)?
2. Wer hat das Recht zu sprechen/schreiben?
3. Wie wirkt man selber auf den Prozess der Forschung?

--> Methodische Lösungsansätze

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#04_Ethnographie

Question

Methodische Herausforderungen - Problem 1: Wie zieht man die Grenzen der Einheit (a group)?

Answer

• Mit der zunehmenden Globalisierung hat sich gezeigt, dass viele Gruppen nicht lokal sind.
• Lösung: Feldforschung über mehrere Orte (multi-sited)
• Viele Themen werden auch nicht von einer Gruppe an einem Ort ausgehandelt, sondern in den Zwischenräumen. Daher hat der Ethnologe George Marcus den Begriff der multi-sited Ethnographie geprägt und vorgeschlagen, dass wir
  • Follow the peopl
  • Follow the goods
  • Follow the methaphor
• Nachteile: Anspruch, viel über wenige wissen, leidet; holistische Perspektive leidet

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#04_Ethnographie

Question

Methodische Herausforderungen - Problem 2: Wer hat das Recht zu sprechen/schreiben?

Answer

• Lösung: Feldforschung im Team

1. Zusammenarbeit in interdisziplinären Forschendengruppen (etwa Natur- und Kulturwissenschaften)
   • Beispiel: The Future Okavango
2. Zusammenarbeit mit lokalen Forscher:innen oder mit lokalen Expert:innen.
   • Living Together: Culture and Shared Traditions in Fransfontein, Namibia

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#04_Ethnographie

Question

Methodische Herausforderungen - Problem 3: Wie wirkt man selbst auf den Prozess der Forschung?

Answer

• Bei der Feldforschung sind Ethnograph:innen selbst das Instrument der Datenerhebung
• Sie wirken direkt auf die „Daten“ ein / Daten entstehen häufig erst in der Interaktion zwischen Forschenden und ihren Informantinnen und Informanten
  
  ⇨ Die „Writing Culture“ Debatte: Ethnographie als Fiktion

• Lösung: Reflexion über den Forschungsprozess

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#04_Ethnographie

Question

Reflexivität (Prinzip V)

Answer

• Ethnolog:innen bringen viele implizite Annahmen (eigene Kultur) mit ins Feld.
  • Diese Annahmen prägen, was wir sehen können.
• Ethnolog:innen bringen bestimmter Eigenschaften mit ins Feld (Alter, Geschlecht, ökonomischer Status).
  • Diese Eigenschaften beeinflussen, was wir sehen können oder gezeigt bekommen.
• Ethnolog:innen schreiben mit eigenen Interessen über das Feld (etwa, um einen Abschluss zu bekommen).
• Die Informant:innen (oder einige zumindest) stimmen möglicherweise nicht mit dem überein, was wir schreiben.
• Diese Prozesse sollen während der Feldforschung und bei der Auswertung reflektiert werden.

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#04_Ethnographie

Question

Ethische Fragen und Grenzen der Feldforschung

Answer

American Anthropological Association (AAA), Berufsverband der amerikanischen Ethnolog:innen

1. Do No Harm
2. Be Open and Honest Regarding Your Work
3. Obtain Informed Consent and Necessary Permissions
4. Weigh Competing Ethical Obligations Due Collaborators and Affected Parties
5. Make Your Results Accessible
6. Protect and Preserve Your Records
7. Maintain Respectful and Ethical Professional Relationships

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#04_Ethnographie

Question

Anonymität

Answer

• Viele Ethikrichtlinien nennen neben dem informed consent die Anonymität der Informant:innen als ein wichtiges und zu schützendes Gut.
• Aber ist das immer so leicht zu schützen?
• Und, wie geht man damit um, wenn die Informant:innen genannt werden wollen.

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#04_Ethnographie

Question

Reziprozität

Answer

• Was nützt die Ethnographie den Menschen im Feld?
• Action Anthropology: Gemeinsam mit den Forschungspartner:innen politische Projekte verfolgen: Beispiel: Sol Tax und das Fox Reservation Project.
• Public Anthropology: Ethnologisches Wissen an die Öffentlichkeit vermitteln (Schulen, Behörden).

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#04_Ethnographie

Question

Ethnologie als Problemlöser:in

Answer

• Ethnolog:innen arbeiten beratend in
  • Unternehmen (interkulturelle Kompetenz)
  • Entwicklungszusammenarbeit
  • Staatlichen Einrichtungen (Ministerien, Militär)
• Hier stellen sich ethische Fragen in besonderem Maße.

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#05_EthnologischerBlick

Question

From the other's point of view (Prinzip II) - Perspektivunterscheidungen

Answer

• Emische Sicht: Die Perspektive der Untersuchten.
• Etische Sicht: Die Perspektive der Untersuchenden.

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#05_EthnologischerBlick

Question

Ethnologischer Blick auf Religion, beispielhafte Fragen (Weihnachten)

Answer

• Gott ist ein spirituelles Wesen in der erlebten Welt, und
  --> Perceptions are real in their consequences.
• Ethnolog:innen fragen daher:
  • Wer oder was ist dieses Wesen (Tier, Pflanze, Lebewesen)?
  • Wo ist dieses Wesen?
  • Wie ändert sich die Welt durch seine Anwesenheit?
  • Wer schenkt wem was?
  • Mit welchen gesellschaftlichen Bereichen hängt das zusammen?

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#06_Sprache

Question

Sprache - Übersicht & Definition

Answer

• Sprache ist ein System von gesprochenen, bzw. geschriebenen Zeichen zum Zwecke der Kommunikation.
• Sprache kann unterschiedliche Medien verwenden (Wort, Schrift).
  
• Gesprochene Sprache besteht aus Lauten, die mit Hilfe einer Grammatik (Regeln) als Worte zusammengefügt werden
• Sprache wird zur Kommunikation genutzt
• Sprache ist systematisch
  
• Sprache erlaubt es, über abstrakte Dinge zu kommunizieren (Beispiele: Gerechtigkeit, Gott)
• Sprache erlaubt es, über Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart zu kommunizieren.

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#06_Sprache

Question

Emojis als Beispiel von Sprache

Answer

• Erstmal Ende der 90iger Jahre auf japanischen Telefonen
• Seit 2011 auf Smartphones
• Ca. 2.000 Zeichen Im Vergleich, die altägyptischen Hieroglyphen hatten ca. 1.000 Zeichen
• Es existieren Übersetzungen der Bibel, Moby Dick, etc.

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#06_Sprache

Question

Wer hat Sprache und wo kommt sie her?

Answer

• Viele Tiere haben Rufsysteme (call systems)
• Diese sind limitiert,
  • durch einen Stimulus in der Welt ausgelöst,
  • Rufe sind unterschiedlich und werden nicht kombiniert, um komplexe Nachrichten zu verfassen,
  • innerhalb einer Spezies gibt es keine Variationen.
• Damit haben diese Tiere aber noch keine Sprache in dem oben genannten Sinne.
  
• Bei Primaten ist das etwas schwieriger. Haben etwa Schimpansen eine Sprache?
  • Primaten können Sprache in rudimentärer Form vom Menschen lernen, sie besitzen aber selber keine eigene Sprache.
    
• Mensch hat sich evolutionär vor etwa 7 Millionen Jahren von anderen Primaten abgespalten. Erst viel später haben sich bei der menschlichen Linie die Fähigkeiten zur Sprache entwickelt.
• Daher argumentieren viele Ethnolog:innen, dass Homo Sapiens das einzige Lebewesen ist, das in dem oben genannten Sinne sprechen kann.

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#06_Sprache

Question

Die beiden Seiten von Sprache

Answer

Ferdinand de Saussure (1857 - 1913)

• Langue (Sprache), Regeln und Erwartungen, wie man sprechen sollte, sie bestehen aus
  • Phonologie: Struktur und mögliche Folge der Laute
  • Morphologie: Verbindung von einzelnen Worten zu Einheiten (schönes Haus, oms ixas)
  • Syntax: Verbindung von Worten und kleinen Einheiten zu Sätzen
• Parole (Rede), Sprache, wie sie gesprochen wird

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#06_Sprache

Question

Laute, Worte, Sätze

Answer

• Sprache besteht aus diskreten Elementen, die nach Regeln zu Einheiten zusammengefügt werden und so Sinn ergeben.
• Laute
  • Beispiel: für sich genommen machen die drei Buchstaben/Laute(Phone) h, u & t keinen Sinn,
  • zusammengenommen für viele von uns schon, Hut
  • „äü“ kommt in deutschen Wörtern so hintereinander nicht vor
• Worte sind Symbole. Sie sind willkürlich. Worte können mehrere Bedeutungsebenen haben (etwa Rose).
• Aus Worten können größere Einheiten (etwa Sätze) gebildet werden.

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#06_Sprache

Question

Laute/Phone und Phoneme

Answer

• Die kleinste Einheit von Sprache sind also Laute/Phone.
• Phoneme sind dahingegen die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten des Lautsystems einer Sprache.
• Das Deutsche kennt zwei verschiedene R-Laute: das konsonantische R und das vokalische R.
• vokalisch (in –er wie in leider, aber ); konsonantisch (am Wort- oder Silbenanfang, wie in Rose, nach kurzem Vokal wie in Herr), Aussprache gerollt-weniger gerollt
• Es handelt sich um zwei unterschiedliche Phone (Laute, klingt anders), die im Deutschen aber keinen Bedeutungsunterschied ausmachen
• Daher sind im Deutschen die beide Phone des /r/ Teil eines Phonems, also 2 Phone, 1 Phonem.
• Phone (Laute) gehören zu unterschiedlichen Phonemen, wenn der Lautunterschied einen Bedeutungsunterschied ausmacht.
  • Beispiel: „Katze“/ „Tatze“ (2 Phone, 2 Phoneme)

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#06_Sprache

Question

Unterschiedliche Phone/Laute in unterschiedlichen Sprachen

Answer

• Es gibt aber auch Sprachen mit ganz anderen Phonen : /, //, !, #. (Khoisan- Sprachen nutzen „Klicks“ als Laute um Bedeutung zu unterscheiden)
• ā = drink, ǀā= sharp, ǁā= Fortress (with PGN -b added), !ā = river (with PGN -b added), ǂā= Stock, or leave from a date-tree
• (hoher Ton, ohne Veränderung)

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#06_Sprache

Question

Sprache nutzen Töne

Answer

• Über den Verlauf des Satzes kann die Tonlagen genutzt werden, um Bedeutung zu schaffen.
• Englisch
  • She went to class.
  • She went to class?
• In Bezug auf den Vokal a im Khoekhoegowab
• ā = weinen (auch geschrieben [ʔáa̋]), ǀā = quetschen, !ā = aufhängen, ǂā = Speichel
• (Ton geht in allen Fällen nach oben, ist schon hoch)

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#06_Sprache

Question

Phoneme (Anzahl & Inhalt)

Answer

• Sprachen haben zwischen 12 und mehr als 140 Phoneme.
• Unabhängig davon kann in allen Sprachen „dasselbe gesagt werden“.

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#06_Sprache

Question

Wie werden Bausteine/Phoneme verbunden?

Answer

• Grammatikalisches Wissen ist dem Sprechenden nicht bewusst.
• Aus ethnologischer Perspektive gibt es keine richtige Grammatik.
  • „Gehst du Einführung?“ ist daher genauso korrekt wie „Kommst du morgen in die Vorlesung Einführung in die Ethnologie?“
• Es gibt auch keine richtige und falsche Sprache, höchstens eine privilegierte.

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#06_Sprache

Question

Sprache für die Welt

Answer

• Wir haben ein Wort für etwas und glauben, dass es daher als disjunkte Einheit existiert.
• Das ist aber nicht so. Wer sagt uns, dass andere das auch von anderen Objekten/Konzepten der Art unterscheiden (Beispiel: Bäume im Khoekhoegowab, männlich und weiblich).
• Sprache kodiert die Welt auf eine bestimmte Art und Weise.

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#06_Sprache

Question

Kulturelle Domänen

Answer

• Als kulturelle Domäne bezeichnet man Worte, die zu einem semantischen Feld gehören.
• Beispiele
  • blau, rot, grün
  • Zornig, wütend, Schmetterlinge-im-Bauch, verliebt
  • Mutter, Vater, Tochter
• Sprachen variieren darin, wie detailliert sie bestimmte Ausschnitte der Welt einteilen

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#06_Sprache

Question

Kulturelle Domänen: Worte für Schnee bei den Inuit

Answer

• Benjamin Lee Whorf und viele nach ihm haben für die sprachlichen Relativismus mit einem Beispiel argumentiert.
• Bei den Inuit (Whorf spricht von „Eskimo“, ein Ethnonym, das Inuit nicht als Selbstbeschreibung verwenden) gibt es über zwei Dutzend Worte für Schnee.
• Aber: Das stimmt nicht! In Inuit gibt es nur zwei Wörter für Schnee: qanik: Schnee in der Luft (Schneeflocken) aput: Schnee auf dem Boden

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#06_Sprache

Question

Kulturelle Domänen: Eleven Namibian Rains

Answer

• !khā-aib: the first rain after the winter which lets new leaves and flowers grow.
• ǀgurukupub: the second rain that lets the trees loose the leaves from the flowers and after which only the fruit remains.
• tsentsen: a soft rain that enters the ground and lets the grass grow.
• ǀhomǀnanub: a long-time rain which is also very soft and good for the vegetation to grow.
• sapeǀnanub: soft rain which is accompanied by a strong wind.
• ǁgaoǀnanub: a rain which is so strong wind that can blow away trees and zinc plates.
• !nareǀnanus: a rain with ice blocks.

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#06_Sprache

Question

Kulturelle Domänen: Beispiel Verwandtschaft

Answer

• Deutsch (eine Tante) Tante (Schwester der Mutter & Schwester des Vaters)
• Khoekhoegobab (drei Tanten)
  • Jüngere Schwester der Mutter, Mâros
  • Ältere Schwester der Mutter, Mâkais
  • Jüngere/Ältere Schwester des Vaters, Mikis
• ähnlich auch im Hindi

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#06_Sprache

Question

Kulturelle Domänen: Beispiel Pronomen (die die soziale Welt in Gruppen einteilen)

Answer

• Deutsch, 1 Wort: wir
• Khoekhoegowab, 10 Worte
  • sakhom, sam, sam (wir zwei, je nach Geschlecht)
  • sage, sase, sada (wir viele, je nach Geschlecht)
  • sikhom, sim, sim (wir zwei, je nach Geschlecht, DU nicht)
  • sige, sise, sida (wir viele, je mach Geschlecht, DU nicht)
• Aber prägt die Sprache auch, wie wir die Welt sehen (können)?

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#06_Sprache

Question

Wie prägt die Sprache unser Denken? - Spair-Whorf Hypothese

Answer

• Edward Sapir (1884–1939)
• Benjamin Lee Whorf (1897–1941)
• Das Lexikon, sprich die Worte, die uns zur Verfügung stehen, strukturieren, wie wir die Welt wahrnehmen können. Sprich, Sprache prägt das Denken.
• Beispiele: Zeit
  • Unsere Grammatik strukturiert Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Whorf argumentiert, dass das bei den Hopi anders ist und sie die Welt daher anders wahrnehmen.
  • Kein Wort für Zeit, keinen Zeitstrahl, keine räumlichen Metaphern (sich in der Zeit bewegen), kein Tempus
  • Zeit existiert nur in rituellen Zyklen, aber nicht als linearer Ablauf

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#06_Sprache #has-images

Question

Wie prägt die Sprache unser Denken? - Hypothese Beispiel Navajo Kinder

Answer

• Vergleich von Kindern, die Navajo (einsprachig) sowie Navajo-Englisch sprechen.
• Im Navajo unterscheidet man bei Verben, ob das Objekt, auf welches sich das Verb bezieht, lang/fest oder lang/beweglich ist (also die Form).
• These: Kinder, die nur Navajo sprechen, sollten die Form von Objekten stärker wahrnehmen und betonen, andere Kinder hingegen andere Eigenschaften wie Größe und Farbe.
• Beispiel: Gelber Stab und blauer Kreis mit einem dritten Objekt (gelber Stab) vergleichen. Frage: Was ist sich ähnlich?
  • (zwei Möglichkeiten Ähnlichkeit herzustellen, nach Form nach Farbe)
• Ergebnis: Form spielt bei den Navajo-Sprecher:innen eine größere
  Rolle.

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#06_Sprache

Question

Wie prägt die Sprache unser Denken? - Hypothese Beispiel grammatikalisches Geschlecht

Answer

• key —ein Wort das im Deutschen männlich und im Spanischen weiblich ist.
  • Deutsch "hard," "heavy," "jagged," "metal," "serrated," "useful,"
  • Spanisch "golden," "intricate," "little," "lovely," "shiny," "tiny."
• bridge —ein Wort das im Deutschen weiblich und im Spanischen männlich ist.
  • Deutsch "beautiful," "elegant," "fragile," "peaceful," "pretty," "slender,"
  • Spanisch "big," "dangerous," "long," "strong," "sturdy," "towering."
• Sprich, werden mit dem Geschlecht den Worten auch Eigenschaften “mitgegeben,” die man klischeehaft (kulturell) mit den Geschlechtern assoziiert.

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#06_Sprache

Question

Argumente gegen den engen, deterministischen Zusammenhang von Sprache und Kultur/Denken

Answer

• Deutsch hat sich in den letzten 150 Jahren nicht dramatisch geändert, das Denken/die Kultur aber schon.
• Ähnliche Sprachen sollten dann auch ähnliches Denken hervorbringen. Das ist aber oft nicht der Fall.
• Viele Menschen wachsen mehrsprachig auf. Es gibt keine Indikatoren, dass sie die Welt komplett anders sehen, wenn sie eine der Sprachen sprechen.
• Klar ist, dass die Sprache die Wahrnehmung der Welt zu einem gewissen Grad prägt. Sie determiniert sie aber auch nicht.

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#06_Sprache

Question

Welche Rolle spielt Sprache in der Gesellschaft? - Sprache und soziale Gruppen

Answer

• Sprachen formen Gruppen.
• Auch innerhalb einer Sprache haben Subgruppen spezielles Vokabular und teilweise auch Grammatiken.
• Durch spezielles Vokabular wird Kommunikation innerhalb der Gruppe vereinfacht. Darüber hinaus wird die Zugehörigkeit zu der Gruppe ausgedrückt.
  • Sprache und Geschlecht
  • Sprache und Klasse
  • Sprache und Nationale Identität

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#06_Sprache

Question

Welche Rolle spielt Sprache in der Gesellschaft? - Sprache und Geschlecht

Answer

• Studien in den USA (1970iger Jahre) haben gezeigt, dass sich die Sprache von Männern und Frauen unterscheidet.
• Sprache bringt eine bestimmte Position in der Gesellschaft zum Ausdruck.
• Sie kann diese auch untermauern.
• Lakoff 2004 [1975]: „Talking like a lady“ beinhaltet Sprachgebrauch wie
  • Tag questions: It is seven o‘clock, isn‘t it?
  • Intensifiers: It is a very lovely hat!
  • Hedge: I‘m pretty sure

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#06_Sprache

Question

Welche Rolle spielt Sprache in der Gesellschaft? - Sprache und Klasse

Answer

• William Labov
• Sprache variiert nach sozialer Position (Klasse) in modernen, industrialisierten Gesellschaften.
• In den USA sprechen die Ärmsten und die Reichsten sehr unterschiedlich. Ihre Sprache variiert aber kaum nach Kontext.
• Bei der Mittelklasse variiert die Sprache am meisten.
• Wie wir reden, kommuniziert auch, wer wir zu sein glauben.

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#06_Sprache

Question

Welche Rolle spielt Sprache in der Gesellschaft? - Sprache und (Nationale) Identität

Answer

• Sprache spielt für die Herstellung nationaler Identitäten eine wichtige Rolle.
• Staaten können Mehrsprachigkeit fördern oder unterdrücken.
• 2 Beispiele: Namibia und Südafrika sind nach dem Ende der Apartheid sehr unterschiedliche Wege gegangen.

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#06_Sprache

Question

Welche Rolle spielt Sprache in der Gesellschaft? - Code Switching

Answer

• Bezeichnet die Fähigkeit der Sprechenden, je nach Anlass Sprache oder Dialekt zu wechseln.
• Erklärungen für die Wahl der Sprache in einer spezifischen Situation
  • Intention der Sprechenden (Handlungsfreiheit)
  • Macht des Kontextes (Struktur)

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#06_Sprache

Question

Sprache ohne Worte - Nichtverbale Kommunikation

Answer

• Beispiel 1: Radio in einer Sprache hören, die man nicht so gut kennt
• Beispiel 2: Nicken und Kopfschütteln
• Beispiel 3: „Dein Körper verrät dich!“
• --> Bestandteile von nichtverbaler Kommunikation sind Kleidung und Artefakte, Haptik/Berührungen, körperliche Nähe und die Körpersprache.

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#07_Familie

Question

Familie und Verwandtschaft

Answer

• Familie und Verwandtschaft sind zwei verschiedene Begriffe.
• Familie bezeichnet eine Gruppe verwandter Personen (nuclear family, family of orientation, family of procreation)
• (nukleare) Familie/Kernfamilie
  • Mutter-Vater-Kinder (nur zwei Generationen, es müssen nicht alle Rollen vorkommen)
  • Nur ein kleiner Teil von Verwandtschaft
  • In vielen Gesellschaften eine wichtige Einheit
  • Oft aber nicht die wichtigste Einheit
• Verwandtschaft ist mehr

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#07_Familie

Question

Funktionen von Verwandtschaft

Answer

• Mehr Personen, und mehr Aufgaben und Pflichten
• Weitergabe von Wissen zwischen Generationen
• Weitergaben von Positionen in der Gesellschaft (Vererbung von Besitz und Titeln)
• Definition von Personen, auf die man sich in Krisensituationen in besonderem Maße stützen kann

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#07_Familie

Question

Konsangualität

Answer

Verwandtschaft durch Abstammung (Deszendenz): Blutsverwandte (consagual kin)

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#07_Familie

Question

Affinalität

Answer

Verwandtschaft durch Allianz, insbesondere Heirat: affinale Verwandte (in-laws)

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#07_Familie

Question

Abstammung: Eine biologische Tatsache?

Answer

• Menschen empfinden sich als blutsverwandt, wenn sie körperliche Substanzen mit ihren Vorfahr:innen (Ahn:innen) teilen.
• Biologische Perspektive: Menschen sind verwandt, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Genen miteinander teilen (Verwandtschaftskoeffizient R).
  • Elternteil Kind = 50 %
  • Bruder Schwester = 50 %
  • Cousin Cousine (1. Grades) = 25 %
• Aber: Nicht alle Menschen fassen Verwandtschaft in biologischen Kategorien.

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#07_Familie

Question

Abstammung: Unterschiedliche Konzepte (global)

Answer

• Trobiander: Kinder stammen nur von der Mutter ab. Das Kind entwickelt sich aus dem Körper der Mutter allein.
• Baruya (Papua New Guinea): Kinder stammen nur vom Vater ab. Das Kind entwickelt sich aus dem Sperma des Mannes ohne Austausch von Substanzen der Mutter.
• Kwakiut!: Verwandtschaftsgruppen stammen von Tieren ab (Totemismus).
• Quechua: Verwandtschaftsgruppen stammen von Landschaftsinformationen, z.B. Bergen ab. Berge werden als lebende Wesen betrachtet (Animismus).

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#07_Familie

Question

Verwandtschaft als kulturelle Konstruktion

Answer

• Verwandtschaft ist somit nicht gleich Biologie
• Grundidee: Die Gesellschaft und ihre Institutionen wird von ihren Mitgliedern und ihren Vorgänger:innen hergestellt („konstruiert“) und dann immer wieder ausagiert (Institutionalisierung).
• Die gesellschaftlichen Normen werden gewohnheitsmäßig befolgt und sind „normal“ (Habitualisierung).
• Das Thomas-Theorem: „Wenn die Menschen Situationen als wirklich definieren, sind diese in ihren Konsequenzen wirklich“.
• Bei der Verwandtschaft kommt es darauf an, dass sich Menschen so verhalten, dass sie verwandt sind.

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#07_Familie

Question

Verwandtschaftssysteme

Answer

Beziehungen zwischen Personen und Gruppen, die auf Abstammung und Heirat basieren und bestimmte Normen und Werte einschließen.

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#07_Familie

Question

Verwandtschaftsterminologie

Answer

System der Benennung dieser als verwandt wahrgenommenen Personen.

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Question

Symbole der Verwandtschaftsethnologie

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Question

Bilaterale Deszendenz

Answer

• Verschwandschaftliche Zugehörigkeit als Kreis: Egozentrierte Perspektive
• Man stellt Verwandtschaft in gleichem Maße über Mutter und Vater her. Es bildet sich ein konzentrisches Netzwerk ums EGO.
• Die meisten industrialisierten Gesellschaften haben bilaterale Verwandtschaftssysteme, aber auch viele Sammler:innen und Jäger:innen.
• In einigen Gesellschaften werden die hier weiß gezeichneten Personen auch als verwandt betrachtet (angeheiratete, in-laws)
• Kindred, Gruppe an Personen, die alle über Heirat und Abstammung miteinander verbunden sind.

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#07_Familie

Question

Unilineare Deszendenz

Answer

• Ahnenzentrierte Perspektive, Verwandtschaftliche Zugehörigkeit als Linie
• Die meisten Gesellschaften sind unilinear, auch wenn heute die meisten Menschen in bilateralen Verwandtschaftsgruppen leben.
• Verwandtschaftliche Gruppen überlappen sich bei der unilinearen Deszendenz nicht. Sie überlappen sich bei der bilateralen Deszendenz dahingegen.

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#07_Familie

Question

Unilineare Deszendenz: Wichtige Begriffe

Answer

• Lineage: Gruppe an Personen, die ihre verwandtschaftlichen Beziehungen auf einen bekannten Ahnen zurückführen.
  • Lineages sind oft lokalisiert und besitzen gemeinsam Land/Ressourcen.
• Clan: Gruppe an Personen, die ihre verwandtschaftlichen Beziehungen auf einen Ahnen zurückführen. Die historischen Beziehungen sind oft unklar. Clans sind größere Einheiten als Lineages.
  • Clans sind in der Regel exogam, d.h. man kann nur Personen aus einem anderen Clan heiraten.

Question

[default - edit me]

Answer

Ahnenzentrierte Perspektive Verwandt ist, wer einen gemeinsamen männlichen Vorfahren hat. In patrilinearen Gesellschaften gehört eine Person (egal ob männlich oder weiblich) zur verwandtschaftlichen Gruppe ihres Vaters, dessen Vaters, etc.

Tags

#07_Familie

Question

Nuer, Sudan/Äthiopien (Bsp für patrilineare Gesellschaft)

Answer

• Patrilineare Gesellschaft, ca. 20 Clans, jeweils in Lineages unterteilt
• Zugehörigkeit zu der Lineage regelt Zugang zu Land, politische und rechtliche Verpflichtungen, etwa bei kämpferischen Auseinandersetzungen.
• Heirat erfolgt außerhalb der Lineage und spannt weite Netzwerke auf.
• Keine übergeordnete politische Autorität.
• Im Konfliktfall solidarisieren sich Lineages mit ihren nächsten Verwandten und bilden Alliance Netzwerke.
• Gender in Patrilinearen Gesellschaft
  • (Ehe)Frau hat oft eine schwierige Stellung, da sie in der Gruppe des Mannes lebt (patrilokale Residenz)
  • Siehe aber auch die Arbeiten von Abu-Lughod, die die Autonomie der Frau betonen.

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Question

Patrilineare Gesellschaften

Answer

• Ahnenzentrierte Perspektive
• Verwandt ist, wer einen gemeinsamen männlichen Vorfahren hat.
• In patrilinearen Gesellschaften gehört eine Person (egal ob männlich oder weiblich) zur verwandtschaftlichen Gruppe ihres Vaters, dessen Vaters, etc

Tags

#07_Familie #has-images

Question

Matrilineare Gesellschaften

Answer

• Verwandt ist, wer eine gemeinsame weibliche Vorfahrin hat.
• In matrilinearen Gesellschaften gehört eine Person (egal ob männlich oder weiblich) zur verwandtschaftlichen Gruppe ihrer Mutter, deren Mutter, etc.
• Matrilokale Residenz
  • Ehemänner spielen im Haushalt eine weniger wichtige Rolle, Ehen sind
    weniger stabil.
  • Aber, Matrilinearität ist NICHT gleich Matriarchat
  • In matrilinearen Gesellschaften haben Männer keine Kontrolle über Ihre Kinder, sondern über die Kinder ihrer Schwestern.

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#07_Familie

Question

Ovambo, Namibia (Bsp für matrilineare Gesellschaft)

Answer

• Matrilineare Gesellschaft
• Zugehörigkeit zu der Lineage regelt Zugang zu Land.
• Wichtigste Bezugsperson für Kinder ist der Bruder der Mutter (MoBr, MB), nicht der Vater.
• Männer sorgen sich dementsprechend um die Kinder ihrer Schwestern, die Teil „ihrer“ Lineage/Verwandtschaft sind.
• Ethnographisches Beispiel: Veränderungen durch Fokus auf die „Kleinfamilie“ in städtischen Mittelschichten.

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Question

Verwandtschaftsklassifikationen: Eskimo

Answer

• (Inuit) (etwa, deutsch)
• In diesem System wird die Kernfamilie betont.
• Verwandte außerhalb der Kernfamilie werden nach Geschlecht unterschieden.
• Begriffe wie Mutter, Vater, Schwester und Bruder werden nicht für Verwandte außerhalb der Kernfamilie verwendet.
• Andererseits werden Begriffe wie Tante, Onkel, Cousin, Großvater und Großmutter für beide Seiten der Familie verwendet. Das Eskimo-System wird mit Gesellschaften assoziiert, in denen die Kernfamilie wirtschaftlich unabhängig ist.

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Question

Verwandschaftsklassifikationen: Sudanese

Answer

• etwa Nuer, Türkei, altes Rom

• Dies ist das größte Terminologiesystem. Es enthält einen beschreibenden Begriff für jeden Verwandten.

• Es gibt sowohl Begriffe für die Kernfamilie als auch Begriffe für Onkel mütterlicherseits und väterlicherseits, Tanten und Cousins.

• Diese Art von System wird in Kulturen verwendet, die sowohl eine Klassenschichtung und berufliche Spezialisierung als auch politische Komplexität aufweisen.

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#07_Familie

Question

Verwandtschaftsklassifikationen: Abkürzungen

(B, C, D, F, GC, GP, P, S, Z, W, H, SP, LA, SI, M, m.s., f.s.)

Answer

B = Brother
C = Child(ren)
D = Daughter
F = Father
GC = Grandchild(ren)
GP = Grandparent(s)
P = Parent
S = Son
Z = Sister
W = Wife
H = Husband
SP = Spouse
LA =in-law
SI = Sibling
M = Mother
m.s. = male speaking
f.s. = female speaking

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#07_Familie #has-images

Question

Verwandtschaftsklassifikationen: Crow/Omaha

Answer

• Crow (im Bild):
  • In diesem System schaffen die Begriffe einen Kontrast zwischen väterlichen und mütterlichen Verwandten.
  • Es wird mit matrilinearen Gesellschaften in Verbindung gebracht und hat eine kleine Anzahl von Begriffen, die sich auf viele verschiedene Verwandte beziehen.
  • In diesem System werden die Verwandten mütterlicherseits nach Geschlecht und Generation in einen Topf geworfen, während die Menschen väterlicherseits nur nach Geschlecht kategorisiert werden.
• Omaha:
  • Wie Crow, nur gespiegelt auf patrilineare Gesellschaften.

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#07_Familie

Question

Verwandtschaftsklassifikationen: Hawaiian

Answer

• Dieses System ist das einfachste, da es die wenigsten Begriffe enthält.
• Die wichtigsten Unterscheidungen sind Generation und Geschlecht. So werden beispielsweise alle männlichen Mitglieder der Generation des biologischen Vaters als Vater bezeichnet, während alle weiblichen Mitglieder als Mutter bezeichnet werden.
• Das hawaiianische System ist dort verbreitet, wo Kernfamilien von anderen Verwandten abhängig sind; das System betont den Zusammenhalt der Großfamilie.
• Es ist bei den pazifischen Inselvölkern weit verbreitet.
  

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#07_Familie

Question

Verwandtschaftsklassifikationen: Iroquois

Answer

• Das System der Irokesen, das nur in matrilinearen Gesellschaften zu finden ist, kennt unterschiedliche Bezeichnungen für Verwandte mütterlicherseits und väterlicherseits je nach Geschlecht und Generation.
• Es wird zwischen elterlichen Geschwistern unterschiedlichen Geschlechts unterschieden. Das bedeutet, dass alle Schwestern der Mutter auch als Mutter und alle Brüder des Vaters als Vater bezeichnet werden. Die Brüder der Mutter werden jedoch als Onkel und die Schwestern des Vaters als Tanten bezeichnet.
• Nachkommen der Schwester der Mutter oder des Bruders des Vaters werden als Geschwister bezeichnet, während Kinder von Geschwistern des anderen Geschlechts der Eltern als Cousin oder Cousine bezeichnet werden.
  

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#07_Familie

Question

Heirat

Answer

• Heirat etabliert eine langfristige Beziehung zwischen zwei Personen und den beteiligten verwandtschaftlichen Gruppen.
• Heirat ordnet Kinder zu verwandtschaftlichen Gruppen zu.
• Hohe Variation, Anzahl Partner:innen, Geschlecht, etc.
• Homosexuelle Heiraten etwa bei den Nuer (Frauen) und den Azande (Männer). In beiden Fällen jedoch in speziellen Situationen.

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#07_Familie

Question

Heiratsregeln

Answer

• Alle Gesellschaften haben Inzesttabus, d.h. es gibt Regeln, wen man nicht heiraten darf.
• Darüber hinaus haben viele Gesellschaften Regeln, wen man heiraten sollte.
• Exogamie und Endogamie

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#07_Familie

Question

Exogamie

Answer

• Regel, dass man jemanden außerhalb der Gruppe heiraten soll oder muss.
• Minimiert Konflikte über Sexualität in der Gruppe.
• Schafft Beziehungen/Allianzen mit anderen Gruppen.
• Verbreitet unter Sammler:innen und Jäger:innen, die so Beziehungen zwischen Gruppen in einer größeren Region etablieren und Zugang zu Ressourcen sicherstellen.
• In bäuerlichen Gesellschaften beziehen sich Regeln der Exogamie oft auf die Dorfgemeinschaft.

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#07_Familie

Question

Endogamie

Answer

• Regel, dass man jemanden innerhalb der Gruppe heiraten soll oder muss.
• Dadurch behält man Besitz in der Gruppe, was ein Grund dafür sein dürfte, dass die meisten adeligen/königlichen Familien endogam sind.
• Kasten sind endogame Gruppen, im südlichen Afrika durften unter der Apartheit Ehen nur innerhalb bestimmter (ethnischer) Gruppen geschlossen werden.
• Während unsere Gesellschaft nicht endogam ist, so schaffen Reichtum und soziale Klassen doch Kontexte, in denen sich manche Menschen begegnen und andere nicht (Stichwort: Adel auf dem Radel).

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#07_Familie #has-images

Question

Parallel- und Kreuzcousinenheiraten

Answer

• In unilinearen Verwandtschaftsgruppen sind Kreuzcousinen (männliches Ego und FZD, weibliches Ego und FZS) Mitglieder unterschiedlicher Gruppen.
• Kreuzcousinenheiraten sind exogam und etablieren Beziehungen zwischen Gruppen.
• Parallelcousinenheiraten (männliches Ego und FBD, weibliches Ego und FBS) finden innerhalb der Gruppe statt und untermauern existierende Beziehungen. (Bild)
• In vielen patrilinearen Gesellschaften (etwa in Nordafrika oder im Nahen Osten) werden Parallelcousinenheiraten praktiziert. Sie halten ökonomische Ressourcen in der Verwandtschaftsgruppe.

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#07_Familie

Question

Anzahl der Partner:innen

Answer

• Monogamie, serielle Monogamie: je ein Mann und eine Frau
• Polygamie: mehr als ein Mann oder eine Frau
• Polygynie: ein Mann und mehrere Frauen
• Polyandrie: eine Frau und mehrere Männer
• Da die meisten Gesellschaften etwa ähnlich viele Männer wie Frauen haben, kann Polygamie immer nur von einem Teil der Männer/Frauen praktiziert werden.

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#07_Familie

Question

Verwandtschaft erwerben

Answer

• Brautpreis, Brautgeld oder Brautgabe bezeichnet einen Geldbetrag oder einen Besitz, der anlässlich einer Heirat vom Bräutigam oder seiner Familie an die Eltern der Braut übergeben wird.
• Anerkennung und Wertschätzung (aba gomas, Lobolo), Ausgleich für Arbeitsleistung, Zahlung untermauert oft die Prozesshaftigkeit von Heirat.
• Mitgift (dowry) bezeichnet Vermögen in Form von Gütern und Hausrat, die eine Braut mit in die Ehe bringt.

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#07_Familie

Question

Residenzregeln

Answer

• Matrilokal: Paar lebt nach der Heirat bei der Familie der Frau.
• Patrilokal: Paar lebt nach der Heirat bei der Familie des Mannes.
• Avunkolokal: Paar lebt nach der Heirat bei der Familie des Mutterbruders.
• Neolokal: Paar lebt nach der Heirat unabhängig von den Eltern

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#07_Familie

Question

Kritik und Neuorientierung

Answer

• Verwandtschaft als Regelsystem in kleinen, überschaubaren Gemeinschaften
• David Schneider American Kinship: A Cultural Account (1980) und A Critique of the Study of Kinship (1984)
• Strukturmodelle der Verwandtschaft sind wissenschaftliche Schöpfungen, die nichts mit der gelebten Verwandtschaft zu tun haben, da letztere in weiteren gesellschaftlichen Institutionen und Ideen eingebettet ist.
• Kern des Anstoßes war der Formalismus der strukturalen Verwandtschaftsforschung, der u.a. den Beteiligten keine oder kaum Handlungsmacht zugestand.
• Prozesse der Aushandlungen von Regeln von Interesse.

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#07_Familie

Question

Kritik und Neuorientierung

Answer

• In ihrer Neuorientierung beschäftigte sich die Sozialethnologie mit Konzepten von Person, Körperlichkeit und Sexualität und fragt noch intensiver, wie man verwandt wird.
• Dabei soll Relatedness als Konzept Verwandtschaft ergänzen oder ersetzen.
• Man kann verwandt sein, ohne genealogische Beziehung, oder eine genealogische Beziehung haben, ohne sich verwandt zu fühlen.
• Austausch (etwa Nahrung, Blut, Milch) tritt in den Vordergrund.
• Dadurch werde auch rituelle Verwandtschaft (etwa compadrazgo) und
  andere Beziehungen gleichzeitig analysierbar.

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#07_Familie #has-images

Question

Das compadrazgo System

Answer

• Das lateinamerikanische System der compadrazgos ist aus den Patenschaften entstanden, die in der katholischen Kirche anlässlich von Taufe und Firmung eingegangen werden.
• Dabei ist nicht mehr die Beziehung vom Paten zum Kind (die Patenschaft), sondern die Beziehung vom Paten zu den Eltern von besonderer Bedeutung.

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#08_Religion

Question

Warum Religionsethnologie?

Answer

• Die vergleichende wissenschaftliche Erforschung von Religion entsteht im 19. Jahrhundert gleichzeitig mit der spezifischen Idee der modernen Gesellschaft.
• Theologie: Die Wissenschaft von einer bestimmten Religion (Innenperspektive).
• Religionswissenschaften: Wissenschaften über Religionen (Außenperspektive), meistens über vergleichende Analyse verschiedener religiöser Texte: Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Taoismus etc.
• Gründungsidee: Die Religionsethnologie soll die „Überreste“ der ungeschriebenen Religionen untersuchen: außerhalb Europas (Ethnologie) oder den „Aberglauben“ im ländlichen Europa (Europäische Ethnologie).
• Wie in den anderen Teilbereichen des Faches, hat die Ethnologie in den letzten 150 Jahren diesen eurozentrischen „Slot“ in der Wissenschaftslandschaft immer wieder herausgefordert und versteht sich als transkulturell vergleichende Wissenschaft über Religion.

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#08_Religion

Question

Religion und die moderne Gesellschaft

Answer

• Es ist eine Grundidee der modernen Gesellschaft, dass sie eine Tendenz zur Säkularisierung aufweist. Die Idee ist, dass die Religion verschwinden wird.
• Dieses Denken impliziert eine strenge Trennung zwischen Religion und dem Nicht-Religiösen (dem Säkularen).
• Die Begriffe rechts haben in der Alltagssprache einen negativen Klang oder werden hauptsächlich metaphorisch benutzt.
• Aber: Verschwindet die Religion in modernen Industriegesellschaften tatsächlich? Gibt es überhaupt eine strenge Trennung zwischen religiös und säkular?

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#08_Religion

Question

Religion besteht aus?

Answer

• Vorstellungen vom heiligen und profanen
• Expert:innen
• Ritualen

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#08_Religion

Question

Das Heilige und das Profane

Answer

• Religionen bestehen aus Vorstellungen und Praktiken.
• Sie unterscheiden das Heilige (verboten, abgegrenzt) und das Profane (erlaubt, zugänglich).
• Funktionalistischer Ansatz: Religionen haben die Funktion, soziale Zughörigkeit zu „moralischen Gemeinschaften“ zu stiften und zu erhalten.
• Bild der Karotte und der Peitsche

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#08_Religion

Question

Reinheit und Gefahr

Answer

• Mary Douglas fragt: Was hat es mit religiösen Reinheitstabus auf sich?
• Beispiel: Verbot von Schweinefleisch in Judentum und Islam.
  
• Medizinisch-materialistischer Ansatz („medical materialism“): Erklärung mit Verweis auf wissenschaftliche, medizinische oder hygienische Grundsätze
• Mystischer Ansatz („mystical participation“): Erklärung mit Verweis auf den mystischen, „irrationalen“ Charakter religiöser Regeln, die der wissenschaftlichen Deutung entzogen sind.
• Douglas‘ symbolischer Ansatz: Es geht um „symbolische Reinheitssysteme“ („symbolic systems of purity“). Reinheitstabus strukturieren auf vielfältige Weise religiöse Ordnungen.
  
• Religion ordnet die Welt, u.a. in „heilig“ und „profan.“
• Bestimmte Tiere sind rein, andere unrein. Nur reine Tiere dürfen gegessen werden.
• Dinge sind nicht per se schmutzig oder unrein. Etwas wird schmutzig, wenn es in dem „falschen“ Kontext auftaucht.

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#08_Religion

Question

Reinheit und Status, innerhalb der Religion

Answer

„Ein Havik [angehöriger einer höheren Kaste in Indien], der mit seinem unberührbaren Diener im Garten arbeitet, kann schwer verunreinigt werden, wenn er gleichzeitig mit dem Diener ein Seil oder einen Bambus berührt. Es ist der gleichzeitige Kontakt mit dem Bambus oder dem Seil, der verunreinigt. Ein Havik kann keine Früchte oder Geld direkt von einem Unberührbaren erhalten. Manche Gegenstände bleiben jedoch unrein und können auch nach dem Kontakt noch Unreinheiten weiterleiten. Verunreinigungen verbleiben in Baumwolltüchern, Metallkochgefäßen und gekochten Speisen. Zum Glück für die Zusammenarbeit zwischen den Kasten wirkt der Erdboden nicht als Leiter. Aber Stroh, das ihn bedeckt, schon."

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#08_Religion

Question

Reinheit und Gefahr, außerhalb der Religion

Answer

„Schuhe sind an sich nicht schmutzig, aber es ist schmutzig, sie auf den Esstisch zu stellen; Essen ist an sich nicht schmutzig, aber es ist schmutzig, Kochutensilien im Schlafzimmer stehen zu lassen oder Essen auf dem Boden zu verteilen; ebenso Badezimmerausstattung im Wohnzimmer; Kleidung, die auf Stühlen liegt; Dinge, die draußen sind, drinnen; Dinge, die oben sind, unten; Unterwäsche, die dort auftaucht, wo Oberbekleidung sein sollte, und so weiter. Kurz gesagt, unser Verschmutzungsverhalten ist die Reaktion, die jedes Objekt oder jede Idee verurteilt, die geeignet ist, liebgewonnene Klassifizierungen zu verwirren oder zu widersprechen.“

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#08_Religion

Question

Magie

Answer

• Versuche, übernatürliche Kräfte zu kontrollieren. Wenn es nicht klappt, liegt das daran, dass man das Ritual nicht richtig ausgeführt hat. Nicht an den übernatürlichen Kräften.
• Imitative Magie (imitative magic): Magische Handlung wird stellvertretend an einem Objekt durchgeführt (etwa Voodoo Puppe).
• Übertragungsmagie (contagious magic): Magische Handlung wird an einem Objekt vorgenommen, das mit der Person materiell verbunden war (z.B. Kleidungsstück).

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#08_Religion

Question

Expert:innen: Schaman:innen

Answer

• Schaman:innen sind religiöse Teilzeitspezialist:innen
• Schaman:innen werden von übernatürlichen Kräften auserwählt und müssen entsprechende Erfahrungen gemacht haben. Darüber hinaus müssen sie auch bestimmte Dinge lernen.
• Ethnographisches Beispiel: Regen und die Reise der Schaman:innen bei den Damara in Namibia
• Schaman:innen spielen oft eine zentrale Rolle für die Heilung von Krankheiten.
• Dem liegt ein soziales Verständnis von Krankheit zugrunde. Der Körper ist Teil eines gesellschaftlichen Netzwerkes. Kranksein bedeutet, dass etwas im Sozialen nicht stimmt.
• Die Schaman:innen können helfen, diese zu identifizieren und durch eine Reinigung Harmonie herzustellen.

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#08_Religion

Question

Expert:innen: Schaman:innen - limpia con el huevo

Answer

• Ethnographisches Beispiel: limpia con el huevo in Mexiko.
• Kann zum einen zeigen, ob man verhext worden ist und zum anderen die schlechten Kräfte aus dem Körper nehmen.
• Rohes Ei wird über den Körper gestreift und dann in Wasser aufgeschlagen. An der Art der Verfärbung kann man sehen, um welche Art von Krankheit es sich handelt.

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#08_Religion

Question

Expert:innen: Priester:innen

Answer

• In den meisten staatlichen Gesellschaften arbeiten Priester:innen in Vollzeit als religiöse Spezialist:innen.
• In Gesellschaften in denen Priester:innen existieren, sind die Gläubigen in Ritualen oft passiv.
• Priester:innen durchlaufen oft eine formale Ausbildung.
• Um Priester:in zu sein, muss man oft keine besonderen ekstatisch oder spirituellen Erfahrungen gemacht haben.

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#08_Religion

Question

Hexerei und Zauberei

Answer

• Hexe:r: Viele Religionen nehmen an, dass die Fähigkeit zur Hexerei über Substanzen weitergegeben wird und in dem Körper der/des Hexe:rs ist.
• Hexen/Hexer können ihre Kraft in der Regel nicht bewusst einsetzen.
• Zauberer/Zauberinnen können ihre Kraft bewusst einsetzen, um Gutes oder Böses zu tun.

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#08_Religion

Question

Magie und Kausalität

Answer

• Gesellschaften haben unterschiedliche Modelle von Kausalität (Theorien von Ursache und Wirkung. Was führt zu was?).
• Evans Pritchards Beispiel: Ein Kornspeicher bricht zusammen, die darunterliegenden werden getötet.
• Azande haben ein Modell von doppelter Kausalität:
  • Kausalkette 1: Warum bricht der Kornspeicher zusammen? Die Termiten haben das Holz zerstört, der Kornspeicher bricht zusammen. → Hexerei spielt keine Rolle.
  • Kausalkette 2: Warum haben die Menschen gerade in dem Moment, als der Kornspeicher zusammenbricht, darunter gelegen? → Grund: Hexerei.
• Das Kausalitätsmodell erklärt beide Kausalketten.
• Evans-Pritchards Kausalitätsmodell hat für Kausalkette 2 keine Erklärung. In westlichen Gesellschaften nimmt das Konzept des Zufalls viel breiteren Raum ein als in vielen anderen Gesellschaften. Was wir hier als Zufall bezeichnen, nennen wir anderenorts „magisches Denken“ oder als „irrational“. Ist das nicht eurozentristisch?

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#08_Religion

Question

Hexerei bei den Azande

Answer

• Hexerei bei den Azande als Alltagsphänomen.
• Menschen sind Hexer:innen aufgrund einer vererblichen Substanz im Körper. Sie können anderen Menschen durch Hexerei schaden, absichtlich und unabsichtlich (z.B. durch Neid).
• Durch Orakel, die von religiösen Spezialist:innen durchgeführt werden, kann man herausfinden, wer einem Schaden zufügt.
• Strukturfunktionalistischer Erklärungsansatz: Hexerei hat die Funktion, soziale Spannungen abzubauen.

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#08_Religion

Question

Winde bei den Damara, Namibia

Answer

ǂoab xa ǃkhōhe hâ

• Jede Person hat einen Wind, ǂoab
• Die Winde von Fremden sind besonders gefährlich

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#08_Religion

Question

"Different ways of knowing" wenn ein Kind krank wird bei den Damara, Namibia

Answer

• Indigenes Wissen: Winde von Fremden
• Medizinisches Wissen: Rotavirus
• Beides liefert plausible Erklärungen dafür, dass Kinder krank werden und sterben.

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#08_Religion

Question

Wozu braucht man Rituale?

Answer

Rituale können helfen, das Übernatürliche zu beeinflussen

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#08_Religion

Question

Rituale

Answer

• Ein Ritual ist eine zeremonielle oder/und wiederholte Handlung, die zu bestimmten Ereignissen vollzogen wird.
• Bei religiösen Ritualen spielen religiöse Symbole eine Rolle. Beispiele sind Gebete, Opfer, und Magie.

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#08_Religion

Question

Liminalität bei Victor Turner

Answer

• Liminalität bezeichnet das Dazwischen, zwischen Objekten, Orten und Kategorien.
• Victor Turner hat darauf hingewiesen, dass Rituale Strukturen und Hierarchien temporär auflösen und so Zwischenräume schaffen.
• In der Liminalität wird communitas erlebt.
• Die Liminalität schafft eine Gegenstruktur, die die eigentliche Struktur der Gesellschaft stützt.
• Beispiel Karneval

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#08_Religion

Question

Übergangsrituale

Answer

• Öffentliche Rituale, die den Übergang von einem sozialen Status in einen anderen markieren bezeichnet man als Übergangsrituale (rites de passage).
• In fast allen Gesellschaften markieren Übergangsrituale Geburt, Pubertät, Heirat, Tot und viele andere Ereignisse.
• Sie zeichnen sich durch drei Stadien aus Trennung, Transition (Liminalität), Reintegration.

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#08_Religion

Question

Übergangsrituale - Ethnographisches Beispiel: Quinceañera

Answer

• Übergang vom Mädchen zur Frau in Mexiko und anderen lateinamerikanischen Gesellschaften
• Trennung: ultima muñeca (letzte Puppe)
• Liminalität: Feier
• Reintegration: Tanz, chambelanes, Hochzeitskleid

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#08_Religion

Question

Intensivierungsrituale (rites of intensification)

Answer

• Rituale, die das Gemeinwohl der Gruppe im Blick haben und steigern sollen.
• In einigen Gesellschaften orientieren sich diese Rituale an Totems.
• Oft hat jede Gruppe (lineage) ein Totem.
• Die Bezeichnung leitet sich aus der Ojibwe-Sprache des südöstlichen Kanadas ab, in der mit dem Wort ototeman Geschwister bezeichnet werden.

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#08_Religion

Question

Ethnologie der Säkularität

Answer

• Talal Asads Kritik: Die Religion verschwindet nicht aus der modernen Gesellschaft (Kritik der Säkularisierungsthese).
• Asads Ansatz: Das Säkulare ist ein eigenes Symbolsystem, es ist nicht einfach das, was übrigbleibt, wenn die Religion abwesend ist.
• Asads Forderung: Die Ethnologie kann Religion nur erforschen, wenn sei gleichzeitig das Säkulare erforscht: Wie wird die Trennung von Religion und Säkularität im Kontext des modernen Staates kulturell hergestellt?

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#08_Religion

Question

Religiöser Fundamentalismus

Answer

• Fundamentalismus wird oft darüber definiert, dass religiöse Schriften sehr wörtlich ausgelegt werden.
• Zentrale Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist die Zunahme der Bedeutung von Religion und von religiösem Fundamentalismus.
• Beispiele
  • Islamischer Fundamentalismus
  • Jüdischer Fundamentalismus
  • Christlicher Fundamentalismus
• In allen drei Fällen sind Religion und Politik eng miteinander verzahnt. Fundamentalist:innen kämpfen heute oft gegen politische Ordnungen.
• Fundamentalist:innen setzen sich dafür ein, dass die „richtigen“ Geschlechterrollen, sexuelle Normen und Erziehungspraktiken wieder beachtet werden.
• Sie sind bereit, für die Umsetzung ihrer Ideale zu kämpfen, teilweise auch militärisch.
• Fundamentalist:innen sind leidenschaftlich und überzeugt, dass Sie Gottes Willen gegen anderen durchsetzen müssen.

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#08_Religion

Question

Christlicher Fundamentalismus - Globale Pfingstbewegung

Answer

• Pfingsterlebnis (Glossolalie) als ein allen Gläubigen zugängliches Erlebnis.
• Parham und Seymour gründen 1906 die erste Pfingstkirche in der 312 Asuza Street, LA .
• Heute eine Massenbewegung, insbesondere im globalen Süden sehr erfolgreich (und USA).
• Mit ihren strikten normativen Vorschriften schaffen Pfingstbewegungen Ordnung in eine als zerbrechlich und gefährlich wahrgenommenen Welt.

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#09_Politik

Question

Politik und moderne Staalichkeit?

Answer

• Thomas Hobbes einer der Begründer der modernen politischen Theorie.
• Naturzustand → Vertrag → Staat
• Folgen: Enge Bindung von Politik und moderner Staatlichkeit, Abwertung nicht- staatlicher Gesellschaften

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#09_Politik

Question

African Political Systems

Answer

• Auch die klassische Ethnologie hat Politik wenig untersucht
• Annahme: Nicht-staatliche Gesellschaften haben keine politische Öffentlichkeit und keine politischen Institutionen wie Parlamente.
• Aber: Gibt es auch Politik ohne Staat?

Question

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Answer

Evans-Pritchard fragt, warum die Nuer als Gemeinwesen mit hunderttausenden Mitgliedern ohne Staat kohärent bleiben. Die Nuer setzen sich aus gleichrangingen Segmenten (Verwandtschaftsgruppen) zusammen. Konflikte zwischen Personen betreffen daher immer Verwandtschaftsgruppen mit relativ gleicher Größe (segmentäre Opposition).

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#09_Politik

Question

Welche Formen der politischen Organisation unterscheiden Ethnolog:innen dann (neben dem Staat)?

Answer

• Band Societies
• Tribal Societies
• Chiefdoms
• Staaten

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#09_Politik

Question

Band Societies

Answer

• Vornehmlich Jäger:innen-Sammler:innen
• 20-50 Menschen, Kernfamilie ist wichtig
• Generalisierte und ausgeglichene Reziprozität
• Wenige Ungleichheiten, kaum Kontrolle über Ressourcen
• Anführer:innen sind die „He who thinks“ oder „The one to whom all listen“
• Exogamie
• Flexible Mitgliedschaft
• Während es in der Regel keine Kriege zwischen Banden gibt, heißt das nicht, dass es keine Gewalt zwischen Individuen gibt.